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  • AutorenbildAndreas Kovar

Die Zukunft in der Hand der Bürger*innen

Aktualisiert: 14. Nov. 2020

Unsere liberale Demokratie ist sehr gut darin, unsere Rechte zu schützen. Darin sehe ich den zentralen Punkt, warum wir alles daransetzen müssen, sie zu bewahren. Unser Staat funktioniert auch bei der kontinuierlichen und flächendeckenden Verwaltung.

Nicht besonders gut ist unser Staat allerdings darin, Veränderungen zu organisieren und Reformen zu planen und umzusetzen.

Gerade solche Veränderungen brauchen wir aber in vielen Bereichen, etwa beim Klimaschutz, beim Umgang mit einer Epidemie, bei veränderten Ansprüchen an die Bildung, bei der Digitalisierung, bei der Versorgung mit leistbarem Wohnraum, und, und. Außerdem bringt die Unfähigkeit, Reformen durchzuführen, die Demokratie unverdienter Weise in Verruf und ebnet den Weg für Populisten und Verfechter autoritärer Ideen.

Dabei liegt es nicht daran, dass wir nicht über ausreichendes Wissen verfügen würden oder dass Reformen prinzipiell schwer umsetzbar wären.

Die Institutionen sind für die Aufgabe nur zu schwerfällig und das Zusammenspiel zwischen Regierungen, Parlament, Wissenschaft, Wirtschaft, Interessensvertretungen, Zivilgesellschaft und Medien ist mittlerweile dysfunktional. Die Politik scheitert an der Komplexität der Aufgaben oder nimmt die Komplexität als Ausrede für ihr Nichtfunktionieren.


In dieser Situation hätten wir die Möglichkeit, die Funktionsfähigkeit der Institutionen und ihr Zusammenspiel in Gang zu bringen, oder aber politische Innovationen zu realisieren. Dabei zeigt sich, dass sich die Institutionen schwer, praktisch gar nicht reformieren lassen. Also bleibt nur der Weg, die Reformkräfte organisationsübergreifend zu bündeln und neue Arbeitsweisen zu entwickeln. Bei diesen Innovationen spielen engagierte Bürger*innen, Wissenschafter*innen, aber auch Politiker*innen eine wesentliche Rolle.

Eine solche neue Arbeitsweise besteht darin, dass Bürger*innen – auf Basis des verfügbaren Wissens – Entscheidungen vorbereiten und politischen Repräsentanten Empfehlungen vorlegen.

Sofern diese Empfehlungen mit einer breiten Beteiligung zustande gekommen sind, haben sie den Vorteil, dass sie meistens pragmatisch ausgewogen sind. Aufgrund ihres Zustandekommens in Bürgerforen haben sie die Chance, auf eine breite Akzeptanz zu stoßen.

Auf lokaler Ebene haben sich derartige Beteiligungsformen bereits vielfach bewährt. Was braucht es also, um auch bei politischen Entscheidungen auf Landes- und Bundeseben auf Bürgerbeteiligungen und die Beteiligung von Fachleuten und unterschiedlichen Gruppen zurückzugreifen?

Im Prinzip braucht es kaum Voraussetzungen, um Bürger*innen in die Vorbereitung von Entscheidungen einzubeziehen – es gibt daher auch keine Ausreden. Es braucht lediglich zwei Dinge:

(1) Einzelne Politiker*innen oder politische Institutionen, die bereit sind, sich beraten zu lassen und auch auf Bürger*räte zurückzugreifen

(2) Bürger*innen müssen bereit sein, ernsthafte Angebote zur Mitwirkung anzunehmen. Wobei nicht nur Politiker*innen, sondern auch zivilgesellschaftliche Organisationen und reichweitenstarke Medien als Träger oder Kooperationspartner bei Beteiligungsverfahren in Frage kommen.

Wenn man nach den aktuellen Problemen der Demokratie fragt, bekommt man regelmäßig zwei Antworten: Defizite beim Vertrauen in die Politik und den Wunsch nach mehr Mitsprache. Dieses Interesse an Beteiligung ist eine Chance, um mit Beteiligungsverfahren das Vertrauen in die Politik schrittweise zu verbessern.

Der Weg, mehr Demokratie zu wagen, ist also kein steiniger.

Das Wissen, wie solche Projekte auch auf Bundes- und Landesebene umgesetzt werden können und die technischen Voraussetzungen sind verfügbar. Jetzt braucht es nur noch reihenweise Personen und Organisationen, die als demokratiepolitische Innovatoren tätig werden. Lohnend und demokratiepolitisch sinnvoll ist es allemal.

Mehr dazu:

Hören Sie Punkt Eins, das Ö1 Radiokolleg vom 6.11.2020: Die Zukunft in der Hand der Bürger*innen

Können BürgerInnenräte und Konsultativen wichtige politische Lösungen unserer Zeit vorantreiben?

Gäste: Andreas Kovar, Politikberater & Em. O. Univ. Prof.in Dr.in Helga Kromp-Kolb, Klimaforscherin & Johannes Auersperg, Initiator Konsultative Österreich.

Moderation: Elisabeth Scharang.

https://www.publicaffairs.cc/podcasts


Weitere Informationen zur Sendung:

https://oe1.orf.at/programm/20201106/617666/Die-Zukunft-in-der-Hand-der-Buerger-innen

Wenn Sie selbst an einem überregionalen Beteiligungsprojekt mitwirken wollen:

Das Demokratieforum arbeitet derzeit an einem Grünbuch zur Stärkung der Demokratie

www.demokratieforum.com

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