Andreas Kovar
Herr Amthor und die Transparenz
Warum Herr Amthor in keinem Lobbying-Register der Welt aufscheinen würde?
Wer hätte das gedacht, dass Philipp Amthor, einen demokratiepolitisch relevanten Anstoß liefern würde? Der CDU-Volksvertreter selbst, der vom Unternehmen Augustus Intelligence Zuwendungen erhalten hat, wohl am allerwenigsten. Jedenfalls hatte er das so nicht vor.
Trotzdem hat er die etwas eingeschlafene politische Diskussion, welchen Einfluss Geld auf politische Entscheidungen haben darf und wie Korruption vorzubeugen ist, wieder in Gang gebracht. Kurz hatte man den Eindruck, dass dieses Engagement ein aufopferndes sein würde.
Wie auch immer, der Veröffentlichung, dass Herr Amthor Zuwendungen erhalten hat, der wohl keine angemessene Arbeitsleistung gegenüberstand, ist die reflexartige Forderung nach einem Register für Interessensvertreter gefolgt. Angesichts dessen, dass Herr Amthor, der ja der Empfänger der Zahlungen und kein Interessenvertreter ist, in keinem Lobbying-Verzeichnis aufscheinen würde, scheint die Forderung nach einem Lobbying-Register nach wie vor unausgegoren.

Wenn man diese Behauptung erhebt, muss man sie natürlich auch näher erläutern. Geben Sie mir dazu ein paar Minuten Zeit. Ich behaupte schon einmal, es lohnt sich:
Bei Podiumsdiskussionen in Berlin oder sonst wo in Deutschland verlaufen die Fronten zwischen denen, die Korruption tatsächlich bekämpfen und das Vertrauen der Öffentlichkeit in demokratische Prozesse und Institutionen verbessern wollen und daher ein Lobbying-Register fordern. Auf der anderen Seite sitzen bei diesen Diskussionen dann immer Vertreter*innen, die so ein Register ablehnen, eigentlich nicht erklären können, warum und den Eindruck erzeugen, dass sie den gewohnten Umgang zwischen Abgeordneten, Minister*innen, Beamt*innen und Lobbyist*innen keinesfalls ändern wollen und irgendetwas zu verheimlichen hätten. Nach der üblichen Zeit am Podium und der Freude über die eigene Bedeutung verlässt man den Event und hinterlässt bei allen Beteiligten den Eindruck, ein gravierendes Thema besprochen, aber nicht gelöst zu haben.
Dieser Eindruck ist falsch. Ein Lobbying-Register kann maximal eine Facette eines Programms für mehr Transparenz und Fairness bei demokratischen Entscheidungen und gegen Korruption und Politikverdrossen sein. In einem Konzept für einsehbare, nachvollziehbare politische Entscheidungen, hätte ein Verzeichnis der organisierten Interessenvertretungen schon einen Sinn.
Der wesentliche Punkt ist aber, wie transparent und partizipativ die Meinungsbildungs- und Entscheidungsfindungsprozesse organisiert werden. Die Veröffentlichung aller Dokumente, Gutachten, Stellungnahmen und Eingaben, die Öffentlichkeit aller Ausschüsse und Geldflüsse an Parteien und Abgeordnete sind das Kernstück einer Transparenzoffensive und besser als ein für sich genommen vollkommen wirkungsloses Register, in dem maximal die Namen der Mitarbeiter*innen, der Postadresse und willkürlich berechneten Ausgaben für Interessenvertretung zu finden sind. Darüber hinaus wären Guidelines für den Umgang mit Politiker*innen und Beamt*innen und die Verpflichtung ein Compliance-Management für Public Affairs-Mitarbeiter*innen zu installieren sinnvoll. Das klingt zwar bürokratisch, ohne Compliance-Management ist Lobbying aber immer ein Abenteuer, das irgendwann böse ausgeht.
Warum wir das wissen? Weil wir alle auf jahrelange Erfahrung z.B. in Brüssel oder Wien zurückgreifen können. Noch einmal, ein Lobbying-Register ist ohne transparente Prozesse eine reine Augenauswischerei von Entscheidungsträger*innen, die sich nicht in die Karten schauen lassen wollen und kein Interesse an Demokratie, Transparenz und/oder Korruptionsbekämpfung haben. Lobbying-Registern wird eine Wirkung zugeschrieben, die sie in keiner Weise, nicht einmal im Ansatz, haben können.
Nehmen wir den Fall Amthor her. In einem Register hätten Sie keinen Hinweis auf die Zahlungen der Unternehmen gefunden, die Herrn Amthor als Direktor oder Konsulenten geführt haben.
Warum ein Register im Endeffekt schon Sinn macht? Um Organisationen eindeutig zu verpflichten, ihre Forderungen und Empfehlungen an Politik und Verwaltung zu kennzeichnen und dazu eindeutig zu identifizieren, reicht das deutsche Unternehmensregister nicht aus.
Für Rückfragen zu den Themen Lobbying-Register und Compliance stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
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